(Ausschnitt aus dem Landleben, geschrieben von Salvatore Reggio)
Der Sonntag ist ein besonderer Tag. Es handelte sich um den Tag der Woche, an dem man sich ausruht, an dem man sich mit Freunden traf, an dem die Mädchen aus der Messe kamen (und da sie bereits gesegnet waren, konnten sie den geheimen Verliebten sehen und mit ihm sprechen), des Spaziergangs hinter das Schloss, der Berichterstattung vor der Bar. Sonntags kleidete man sich gut. Auch die Jungen zogen sich nicht zurück und pflegten ihre Haare. In Nicotera nahm der Sonntag ein furchtloses und überraschendes Angesicht an. Es handelte sich um einen Tag an dem gewartet wurde. Bereits in aller Früh wurden die Straßen geräuschvoller als sonst: die Ciucci (Esel) kamen vorbei und trugen zwei Taschen voller Ernte, die Bauern schleppten Körbe voller Gemüse und Obst. Die Hirten kamen von Norden, etwas milder und leiser und brachten Topfen und Käse. Was für ein Geschmack der gesalzene Topfen! Auch den Amerikanern (so wurde das Wissenschaftlerteam genannt) gefiel der Sonntag in Nicotera. Für die Menschen aus dem Volk stand der Ausdruck Amerikaner nicht für die Nationalität der Interessierten, das Team bestand nämlich aus Wissenschaftler aus Japan, England, Finnlands, Deutschland, Frankreich. Amerikaner waren all jene Personen die nicht aus Italien waren und auch jene Personen die Wohlstand zur Schau stellten oder sich auf extravagante Weise kleideten oder sich chic anzogen. Ihre Ankunft in Nicotera im September 1957 ergab sich gemeinsam mit der Reifung zahlreicher lokaler für sie unbekannte Produkte und stimulierte so ihre Neugierde, so dass sie sogar "liccardi" (naschhaft) wurden. Die Nationalität der Wissenschaftler selbst führte dazu, dass sie unterschiedliche Geschmäcker hatten. So kam es zum Beispiel vor, dass Karvonen und Kagan (der erst aus Finnland, der zweite aus England) die "zinzuli" bevorzugten. Sie entwickelten eine derarte Vorliebe für diese Früchte, dass sie ein Häufchen neben dem Damespiel hielten und für jeden entnommenen Spielstein aßen sie die "Zinzuli" des anderen, wie vor dem Spiel vereinbart: ein Zinzuli für einen Spielstein, zwei- drei für eine Dame. Auch beim Kartenspiel standen dem Sieger eine Hand voller Zinzuli zu. Die Hand war ein unbequemes Maß für den Engländer, da dieser kleine und dünne Hände hatte während Karvonen eine große Hand hatte, die in der Lage war sogar das Doppelte im Vergleich zu Kagan zu entnehmen. Bei dieser Frucht, die lokal verbreitet war, handelte es sich um nichts desto weniger als die besser bekannte chinesische Jujube, die die Form einer Olive oder Mandel hat und grün ist, sobald sie noch unreif ist und rötlich wird, wenn sie essbereit ist. Sie schmeckt angenehm und einladend. Der Sonntagsmarkt von Nicotera war sehr belebt zu jener Zeit, Leute aus der Gegend kam sowohl um zu kaufen als auch zu verkaufen. Das Vorhandensein der Amerikaner hatte seinen Effekt gehabt, denn jeder meinte, er könnte ein paar Dollar verdienen. Es gibt Leute, die wirklich die grüne Banknote in der Hand hatte und es für lange Zeit aufbewahrt hat, indem unendliche Geschichten bezüglich seiner Herkunft erzählt wurden. Den wahren Amerikanern und vor allem Paul White und Ancel Keys schmeckten hingegen die "surva" und die "cutugni", der Sporapfel und die Quitten. Der frisch geerntete Sporapfel ist bitter und wird erst nach der Reifung essbar und geschmackvoll. Die Quitte hat ein hartes Fruchtfleisch und einen sauren Geschmack. Die Menschen bewunderten die Kühnheit der beiden Wissenschaftler, die die Früchte auch noch nicht reif aßen. Als Antwort darauf äußerten die Wissenschaftler die Qualität der Früchte, die entzündungshemmende Wirkungen haben, stopfend wirken und jenen Personen geraten werden, die da zuneigen Gewicht zuzunehmen. Es gab aber einen Moment an dem sie bekannter waren, für diese Anekdote als für Ihre Kompetenz und Bravur als Mediziner. Eine Runde am Markt war Pflicht. Die Händler verteilten sich auf beide Seiten der Straße so dass die Ware für die Passanten, die in der Mitte der Straße gedrängt werden, gut sichtbar waren. Es gab allerlei am Markt: sechera (Mangold), Eskarol, Misi- misi (wilder Brokkoli), Fenchel, Granatapfel und Feigen. Bezüglich einer Gemüsesorte war sich das ganze Team einig: a pistinaca. Die Pastinake war ein sehr verbreitetes Nahrungsmittel in den Häusern von Nicotera. Sie wuchs überall und spontan. Daher war sie fast kostenlos, was den Familien sehr half. Die scharfsinnige Darstellung dieses Nahrungsmittel faszinierte die europäische Komponente des Team, vor allem jene französische und finnländische. Doktor Karvonen schrieb seiner Nation die Herkunft, die Produktion und die beste Qualität dieser Gemüsesorte zu. Worüber sich aber alle einig waren, waren dessen diätetischen, gesundheitlichen und ernährenden Eigenschaften dieser Gemüsesorte, welche die Sicht und die Augenfarbe verbessert, hält den Verstand wach und fördert das Braunwerden. Aber noch mehr bestätigten die Ärzte die Tradition mit der diese den Männern als und den Frauen, da es oder wie es die Tradition will, , geraten wurde. Auch für die caprai (Ziegenhirten) war der Sonntag kein Ruhetag. In Nicotera gab es vier Hirten, jeder hatte seine Arbeitszone. Es handelt sich um einen Familienberuf: eine Tätigkeit, die vom Vater dem Sohn vererbt wurde. Sehr früh am Morgen weckte die Glocke, die um den Hals der Ziege gebunden war, die Hausfrau und je stärker der Ton wurde, umso näher war die Horde. Bereits bevor der Hirte an die Tür klopfte, streckte die Frau ihm "u landu" (einen Behälter aus Aluminium" oder eine Glasflasche hin. Der Mann melkte die Ziege und maß die Menge mit dem Auge, nachdem er mit einem Blick die Größe des Behälters einschätzte. Es gab niemals eine Klage bezüglich der Menge und die Bezahlung erfolgte am Wochenende oder zu Monatsende. Nur der Fisch wurde nicht am Sonntag verkauft. Es war ein Festtag und in der allgemeinen Vorstellung war das Fleisch das Symbol des Wohlstands und des Überschuss. Der Geruch des Ragout machte sich bereits in den frühen Morgenstunden in der Straßen breit: es handelte sich dabei auch um eine Art den anderen mitzuteilen "Nui mangiamu carni, oggi" (Wir essen Fleisch heute"). Die Zubereitung der Sauce genoss heiliger Aufmerksamkeit, denn von dessen Gelingen hing der Zufriedenheitsgrad des Tisches und des Tages ab. Das in Stücke geschnittene Fleisch, vom Kalb und Schwein, wurde in Knoblauch und Zwiebel angebraten, dann wurde die Tomatensauce hinzugegeben. Ein langsames Vorgehen, das mehrere Stunden lang dauert, stellte die Fähigkeit der Frauen, eine schwache Hitze oder eine geringe Flamme zu halten, auf die Probe. Manchmal aber hörte man in den Straßen der Stadt eine kräftige Stimme: "Achtung Achtung, wir informieren alle Personen, dass an der "Porta grandi" ein sehr großer "nu tunnu" angekommen ist. Beeile sich wer ihn kaufen möchte. Er kostet 50 Lire pro Kilogramm." Dies war die Stimme des Versteigerer, der etwas Neues für den Sonntag ankündigte, das sich aufgrund eines besonderen Fischfang an "mutuli" und "palamiti" (eine Art Fisch) oder aber aufgrund eines Qualitätfangs, wie Thunfisch oder Schwertfisch ergab. Der offizielle Versteigerer war "u cinu", er wurde so aufgrund seiner geringen Größe genannt . Aber seine Stimme hatte mit seinem grazilen Ansehen nichts zu tun. Falls er fehlte, wurde er von Peppi "u rinni" vertreten, dessen Stimme nicht so kräftig war, aber er unterstützte sie mit einem Musikinstrument, das er aus einem Schilfrohr gebaut hatte und später dann industrialisierte er sich durch eine moderne Trompete. Dem Versteigerer wurde eine bestimmte Menge des Produkts kostengünstiger verkauft oder er wurde mit wenigen Lire bezahlt. Am Nachmittag wurden die Sonntage wirklich zum Moment des Spiels und des Wettbewerbs: es gab die Wettstreite des Casu, des Spiels des Pizzicu, der Raja und für die Mädchen das Spiel der Woche. Aber hier handelt es sich um eine andere Geschichte. Wie es in einer anderen Geschichte auch um die Bekanntmachung und den Besuch in da' cantina (Weinkeller) geht, Orte unendlicher Diskussionen und fantastischer Erzählungen. Noch heute ist der Sonntag in Nicotera ein besonderer Tag, da der "u mercatu" stattfindet. |
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