Manchmal ging es nicht so, wie es gehen hätte sollen. Die Sensation, dass an jenem Abend und bei jener Familie der Besuch und die Erhebung des Abendessens nicht einfach sein werde, konnte man bereits zu Mittag spüren.
"Pensu 'ca stasira non ci simu" (Wahrscheinlich sind wir heute Abend nicht zu Hause) oder "Stasira non pensu 'ca mangiamu" (Ich glaube nicht, dass wir heute zu Abend essen werden) sagten die Hausfrauen den Assistenten während das Mittagessen zubereitet wurde. Der Gebrauch des Verbes "pensu" (denken) galt als profetisch. Es handelte sich nicht einfach nur um "ich denke", Indikativ Gegenwart des philosophischen Verbs Denken und es drückte auch nicht die tastbare Unentschlossenheit einer Person oder einer Gruppe von Personen aus, die auf diese Art und Weise denken könnten. Nein! "Pensu" war ein geheimnisvoller Begriff, der der Kommunikation einen urzeitlichen Sinn einer übersinnlichen Nachricht gab, welche auch, wenn man nicht derselben Meinung war, akzeptiert werden musste, gerade da sie von oben oder sogar von Jenseits kam. Wenn das Schicksal so beschlossen hatte, war es für einen Christ unmöglich dem göttlichem Willen zu widersprechen. So nahmen unsere Zweifel an jenem Abend, während wir uns dem Haus näherten, Konsistenz an. Am Eingang der Straße, welche uns zur Familie führte, das Geräusch eines schnellen Schritts oder das Laufen empfang uns und weckte unsere Neugierde. Dann hörten wir das Geräusch einer Tür, die sich schleifend schloss. Jemand war Wache gestanden, um unsere Ankunft anzukündigen. Wir waren mittlerweile an dieses Verhalten, diese Kundmachung der Widerstände einiger Familien gewohnt, sei es aus Schüchternheit aber auch um die eigene Armut nicht preiszugeben. Als wir an der Tür ankamen und kurz nachdem wir mit der Faust angeklopft hatten, öffnete sich diese nur zu einem Spalt, gerade genug um das Gesicht der Person zu sehen und man hörte dessen Worte, meistens jene einer Frau. "Mangiammu già. Picchi non veniti dumani" (Wir haben bereits gegessen. Warum kommt ihr nicht morgen vorbei?) wurde uns gesagt. Es handelte sich aber um einfache und gute Personen, sodass uns, nachdem wir ein bisschen darauf beharrten, um die Daten für die Erhebung zu erhalten, die Tür ganz geöffnet wurde und wir in Verlegenheit aber stets freundlich empfangen wurden und in aller Eile und Aufregung wurden die Stühle um den Tisch gestellt. Der Arzt und eine Assistentin widmeten sich der Diskussion mit den Eltern und zeigten sich interessiert, wie der Tag gegangen war. Ein weiterer Assistent hingegen folgte den Kindern, um die von uns vermutete Wahrheit zu erfahren. Die Erwachsenen erzählten bestens gegessen zu haben "Nudeln mit Fleischsauce, Fleisch bester Wahl, frischer Fisch, Beilage und Obst" (Nur das Dessert fehlte, um aus dieser Mahlzeit ein Festessen zu machen). Alle hielten sich im selben Zimmer auf. Der Tisch stand, wie in allen Häusern des Volkes in der Mitte. An diesem Tisch wurde gegessen und gebügelt, er wurde zur "tavula" um mit Freunden einen Kaffee zu trinken oder um den Gästen einen Kräuterlikör anzubieten und funktionierte als "u tavulu" um zu studieren oder mit Freunden und Verwandten zu konversieren. Er regelte das gesamte Ambiente und seine Position schaffte in den Ecken des Raumes zwei Privatzonen, wo es möglich war, miteinander zu sprechen ohne von den anderen gehört zu werden, auch dadurch dass der am Kopf Sitzende und die beiden an dessen Seite Sitzenden eine Art Wand darstellten. In jene Ecken zog sich unsere Assistentin mit den kleinen Kindern zurück. Und so erzählten diese, mit der Faust die nassen Augen reibend und schluchzend, dass sich nicht gegessen hatten und jammerten: "Avimu fami" (Wir haben Hunger). Zum Schluss entwickelte sich ein stillschweigender Zusammenhalt indem jeder die Gründe des anderen verstand, für die Wissenschaftler war es Bräuche, Traditionen und Ernährung der Menschen vor Ort zu beobachten und zu erfassen und für die Familien war es den Stolz des eigenen Sozialstatus zu schützen, arm aber aus ehrlicher Arbeit. Und so vereinbarte man später noch einmal vorbeizuschauen oder den Konsum jenes Abends während des Besuchs am Tag danach zu erfassen. |